Edward Moyer
Neue App läutet das Ende der Privatsphäre ein: Mit nur einem Foto zum gläsernen Menschen
Unerkannt durch die Straßen gehen? Das können Sie bald vergessen, behauptet nicht irgendwer, schreibt die New York Times. Stellen Sie sich vor: Sie gehen auf der Straße entlang, eine wildfremde Person macht ein Foto von Ihnen und findet dann mithilfe einer App in Windeseile heraus, wie Sie heißen, wo Sie wohnen und viele weitere persönliche Dinge. Das neue Start-up-Unternehmen Clearview AI macht ein derartiges Szenario jetzt möglich.
Wie die New York Times berichtet, verwenden derzeit Hunderte amerikanische Exekutivorgane Clearviews Software, darunter auch das FBI.
Dem Zeitungsartikel zufolge gleicht die App das Foto mit einer Datenbank ab, die über drei Milliarden Bilder enthält. Clearview sagt, die Bilder wurden auf Facebook, Venmo, YouTube und von anderen Websites eingesammelt. Nach der Suche zeigt die App Treffer und Links zu den Seiten, auf denen das Foto ursprünglich gepostet wurde. Ein Name lässt sich leicht aufstöbern und davon ausgehend könne man im Internet unzählige weitere Informationen finden.
Clearviews Datenbank ist viel umfangreicher als andere Datenbanken der Gesetzeshüter. Mit mehr als 641 Millionen Passfotos und Führerschein-Bildern amerikanischer Staatsbürger verfügt das FBI über eine der größten solcher Datenbanken.
Die Clearview-App ist aktuell noch nicht zugänglich für die Öffentlichkeit, aber das wird sie über kurz oder lang sein, sagten Polizisten und Clearview-Investoren der New York Times. Das Unternehmen selbst hingegen erklärte in einer Pressemitteilung, seine Technologie sei ausschließlich für die Verwendung durch Gesetzeshüter und Sicherheitspersonal gedacht. »Sie ist nicht für die Nutzung durch die Allgemeinheit vorgesehen.«
Gesetzeshüter teilten dazu mit, dass bei der Aufklärung von Verbrechen, die von Ladendiebstahl über Kindesmissbrauch bis hin zu Mord reichen, sei die App bereits erfolgreich eingesetzt worden. Datenschützer warnen allerdings, dass die Software falsche Ergebnisse auswerfen könnte und dass Stalker und andere sie für ihre Zwecke missbrauchen könnten. Grundsätzlich warnen sie auch, dass Gesichtserkennungstechnologie zur Massenüberwachung genutzt werden kann.
Aktuell fahren die USA noch keine klare Linie, was den Umgang mit Gesichtserkennungstechnologie anbelangt. Einzelne Städte wie San Francisco haben die Nutzung verboten, aber bundesweit geltende Gesetze fehlen.
Vergangene Woche hielt ein Ausschuss des US-Repräsentantenhauses eine Anhörung zu Gesichtserkennung ab. Dabei ging es um die Nutzung der Technologie in öffentlichen Räumen, und zwar sowohl durch privatwirtschaftliche Unternehmen wie auch durch staatliche Organe.
»Wir müssen die Parameter zum Schutz der Privatsphäre abstecken und die Nutzung dieser Technologie kontrollieren«, sagte der demokratische Abgeordnete Gerry Connolly während der Anhörung.
Im November hatten zwei Senatoren parteienübergreifend einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Nutzungsmöglichkeiten von Organen wie dem FBI und der Einwanderungsbehörde beschneiden würde.
»Gesichtserkennungstechnologie kann für Vertreter der Gesetzeshüter ein mächtiges Werkzeug sein«,
sagte der Republikaner Mike Lee, einer der beiden Senatoren.
»Aber gerade diese Macht macht sie sehr anfällig für Missbrauch.«
Das FBI stand für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung.
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Donnerstag, 23.01.2020
Quelle: c|net